Reise

Schafe jagen in Wales

    
Wenn Hopkin Smith nicht gerade seine Schafe hütet, dann ist der Waliser Quad-Instruktor, der seine Kundschaft durch die hügelige Landschaft führt. Sechs unterschiedliche Trails stehen dem Quad-Fan zur Verfügung.

Wer das erste Mal nach Wales kommt, wird erstaunt sein, wie anders es ist zum übrigen Großbritannien. Die Landschaft ist von Hügeln und Bergen geprägt, die grün im Sonnenlicht leuchten, wenn es nicht gerade regnet. Und auch wenn es zum Vereinigten Königreich gehört, hat Wales seine Wurzeln viel tiefer in der Vergangenheit. So scheint es Zauberer wie Merlin, Feen, Riesen und Teufel zu geben. König Artus soll seine Tafelrunde hier gehabt haben. Und wenn man ganz genau lauscht, ja, es könnte sein, dann hört man Geisterglocken läuten. Natürlich nur, wenn der Quad-Motor aus ist.

Wir sind im Taff Valley Quad Bike & Activity Centre in Pontypridd in der Nähe der walisischen Hauptstadt Cardiff – ungefähr zwei Stunden von London entfernt. Und das Erste, was wir hören, ist, dass man in Wales nicht einfach ein Quad ausleihen darf, um gemütlich durch die Landschaft zu driften. Nein, in Wales ist fast jeder Landstrich ein Nationalpark oder privates Land. So ist man immer auf einen Führer angewiesen. „Wir haben 350 Morgen Land und hier können wir uns auf sechs unterschiedlich schweren Trails austoben“, erklärt uns der Besitzer des Quad-Verleihs Hopkin Smith, der eher aussieht wie ein Schafshirte, als wie jemand, der sein Quad sicher beherrscht. Aber er und seine Helfer sind ausgebildete Quad-Instruktoren.

Dicke Gummistiefel, der typische Countryside-Hut á la Prinz Charles und Wollpullover. Und doch steht er vor uns und klärt uns über die Sicherheitsmaßnahmen auf. So müssen wir alle einen Helm tragen und wasserfeste Kleidung sowie feste Schuhe. Klamottenausgabe ist in der kleinen Baracke. Hier hängen Regenoveralls in Quietsche-Gelb, Alarm-Rot oder in Beruhigend-Blau – nicht ganz sauber.

Als jeder seine Sachen angezogen hat, geht es raus zum Quad: Eine Honda Sporttrax 90 mit Schaltung wartet auf uns: „Da ist die Bremse, hier gibt man Gas“, Hopkin Smith erklärt uns die Technik, wo die Neutralstellung ist und wie man schaltet. Dann fragt er jeden einzelnen aus unserer Gruppe, wo was ist – wir müssen wie Schulkinder antworten. Endlich dürfen wir uns auf die Quads setzen und langsam zum Übungsparcours tuckern. Ich fahre eine Honda Fourtrax 250 mit Viergangschaltung plus Rückwärtsgang. „Mal sehen, wie ich mit der Schaltung klar komme, zumal ich bisher nur Automatik unterm Hintern hatte.“

Im ersten Gang geht’s um die Hütchen. „Und nicht die Füße vom Trittbrett nehmen“, ruft Hopkin Smith. Er und sein Helfer Collin korrigieren hier und kritisieren den Fahrstil da. Ich fahre die Kurven so, wie ich es bei Manfred Schiemer von Trail & Trial ursprünglich mal gelernt habe und bekomme einen Rüffel. „Das ist Rennstil, wir bleiben einfach gerade auf dem Quad sitzen“, sagt Hopkin Smith. Er ist unsicher, kennt uns nicht und hat Angst, dass was passiert. Später erzählt er: „Quad-Fahren lässt sich in Großbritannien sehr schwer versichern. Deswegen biete ich auch keine Rennen an und passe auf, dass die Leute vorsichtig mit meinen Fahrzeugen fahren. Nur wir geben das Tempo vor.“

Und sein Konzept geht auf: Bisher keine schweren Verletzungen. Das andere Konzept „Agrar-Tourismus“ geht auch auf. Seit 1992 bietet Hopkin Smith …
    
Christine Blödtner-Piske


Trail & Trial Trainingslager

Endorphine hüpfen im Dreieck   


Aller Anfang ist schwer, so auch das Quad-Fahren. Zum Glück, dass es da zum Beispiel Firmen wie Trail + Trial gibt, die in Deutschland unter anderem Basis-Sicherheits-, Einsteiger- und Aufbau-Trainings für Anfänger sowie Fortgeschrittene anbieten. Quadwelt war beim Trainingslager in Gerstetten auf der Schwäbischen Alb dabei.

Es verspricht ein schöner Tag zu werden, hier auf der Schwäbischen Ostalb nahe der kleinen Stadt Gerstetten. Wir sind auf einem Hochplateau und sehen links und rechts Wacholderhaine, Fichtenwälder sowie viele saftige Wiesen. Hier soll also irgendwo ein Basis-Sicherheits-Training für Quad-Fahrer stattfinden?

Wir können es uns kaum vorstellen, doch um die nächste Kurve herum, finden wir das Motorsport Zentrum des MSC-Gerstetten. Eine große Off-Road-Strecke in einem weiten Trockental mit Wiesenhang-Passagen, steilen Auffahrten, Waldsektionen und einigen Tables für Sprünge liegen vor uns. Schnell geparkt und schon treffen wir auf den Firmeninhaber von Trail+Trail und Veranstalter des heutigen Basis-Sicherheits-Trainings und des morgigen Einsteiger-Trainings: Manfred Schiemer.

Herzlich mit Süddeutschen Dialekt begrüßt er uns. "Tragt euch bitte in die Liste ein, unterschreibt noch den Haftungsverzicht und sucht euch aus, was ihr zum Mittag essen möchtet. Dann kann es losgehen."

Gesagt, getan. Schnell noch die Helme geschnappt, den Einleitungsworten von Manfred Schiemer gelauscht, schon stehen wir in einer großen Gruppe auf der Wiese und dehnen uns. "Das lockert die Muskulatur auf und macht euch warm", sagt Trainerin Andrea Annaberger, die heute für die Enduro-Leute zuständig ist. Unsere Quad-Trainer warten schon bei den gelben Kymcos 250, die in den nächsten zwei Tagen unsere Begleiter sein werden.

Die Muskeln aufgewärmt und gedehnt, wollen wir gleich rauf aufs Quad. Aber so schnell geht's dann doch nicht. Wir stellen uns vor - erst die Trainer Michael Lahn und René Luft: "Wir sind vom Quadzentrum Ost aus Leipzig und sind Händler für Yamaha, Kymco sowie Arctic Cat, fahren Rennen und machen die Trainingslehrgänge für Trail + Trial." Dann wir: "Ich bin Christine und bin erst dreimal Quad gefahren", sage ich. Insgesamt sind wir acht Leute mit mehr oder minder viel Quad-Erfahrung - einige haben ihre eigenen Maschinen mitgebracht.

Als jeder weiß, wer der andere ist, beginnt der Theorieteil und René Luft erklärt erst einmal, wie ein Quad funktioniert. "Links ist der Startknopf, rechts ist das Daumengas und die Fußbremse wird heute überhaupt nicht bedient." Dann zeigt der junge Trainer, auch gleich die richtige Fahrhaltung. Und endlich sind wir dran.

Basis-Sicherheits-Training

Wir fahren links in einem Quadrat um Pylonen herum. "Gewöhnt euch ein bisschen an die Maschine und ich stelle jetzt weitere Hütchen auf, bei denen ihr dann mal mit der vorderen und mal mit der hinteren Bremse anhaltet", sagt Michael Lahn und postiert sich an einem der Bremspunkte. René Luft steht auf der anderen Seite beim zweiten Bremspunkt.

Sobald einer von uns nicht die richtige Bremstechnik zeigt, wird sofort korrigiert. Es sind immer nur vier Quads am Fahren, so dass es kein Verkehrschaos auf der Übungswiese gibt. Regelmäßig unterbrechen die beiden Trainer, um uns zu fragen, wie sich was angefühlt hat. Und nach und nach bauen sie mehr Schwierigkeiten ein. So, müssen wir die Quads dann …

… schließlich und endlich sausen alle über die Moto-Cross-Piste und abgesteckten Trail-Passagen, wo alle die gelernten Techniken zum Einsatz kommen. René Luft und Michael Lahn lassen uns fahren, sagen kaum noch etwas - höchstens wenn etwas Gravierendes auffällt. Ansonsten können wir uns austoben - allerdings kontrolliert, denn Rennen sind nicht erlaubt. Doch was für ein Spaß. Millerweile kann ich mich kaum noch auf meiner Kymco 250 halten, so schmerzen meine Oberschenkel. Gasgeben ist auch fast nicht mehr möglich, so wenig Kraft habe ich noch in meinem Daumen. Doch für eine letzte Runde reicht es noch - dafür sorgen die Endorphine, die vor Begeisterung im Dreieck hüpfen …
            
Christine Blödtner-Piske